Alina Zelenyi // Katze und Krieg: Wenn die Sonne untergeht

by admin on Juni 30, 2011

Die Performance der beiden Künstlerinnen Julia Dick und Katharina Sandner fand am 06.05.2011 bei Sonnenuntergang im einRaum des kleinen Handelsweges in der Braunschweiger Innenstadt statt.

Allen Teilnehmenden wurden Kopfhörer ausgehändigt, um die Worte der Performerinnen auch bei größerem Abstand verstehen zu können.

Zu Beginn beobachteten die Zuschauer aus dem einRaum heraus durch die Fensterscheibe wie eine der Performerinnen draußen mithilfe einer kugelförmigen Lampe den Verlauf der untergehenden Sonne nachahmte.

Dann machten die beiden Performerinnen sich auf den Weg durch die Braunschweiger Innenstadt, die Zuschauer sollten im gewünschten Abstand folgen.

Mithilfe der Kopfhörer konnte man nicht nur die Worte der Performerinnen verstehen, sondern die Geräusche der Umgebung noch intensiver wahrnehmen.

Auf dem Weg begannen die Performerinnen damit, sich gegenseitig Vorschläge zu machen, was man tun könnte. Man könnte sich seine Traumwohnung erstellen, mithilfe der Ausstellungstücke eines Möbelgeschäftes, man könnte die Auto-Rampe des Kaufhofes hinauflaufen, man könnte einen Autofahrer bitten, sein Auto quer auf die Straße zu stellen usw. …

Ein Eiscafé war die erste Station, an der Halt gemacht wurde.

Über diesem entdeckten die Performerinnen ein offenes Fenster. Erneut begann eine Aufreihung von Vorschlägen: man könnte den Bewohnern etwas hoch rufen, man könnte die Bewohner zum Eis-Essen einladen, man könnte sie mit dem Eis vor der Tür überraschen…

Kurz darauf zogen die Performerinnen zwei Stühle des Eiscafés zu sich heran, stellten sich darauf und sangen ein kurzes Ständchen. Die Besucher des Eiscafés reagierten unterschiedlich. Manche schienen von der Gesangseinlage gestört, andere amüsiert.

Spenden-Ausbeute waren drei Euro und ein saurer Apfelring.

Dann ging es weiter zum nächsten Eiscafé. Dort wollten die Performerinnen wissen, ob sie zehn Eiskugeln für den Apfelring bekommen könnten. Da weder Kellnerin noch Kellner Deutsch sprachen, wurde das Gespräch auf Englisch und teilweise Spanisch fortgesetzt. Da ein Tausch von einem Apfelring gegen zehn Eiskugeln abgelehnt wurde, baten die Performerinnen darum, mit dem Chef sprechen zu können. Dieser wurde daraufhin angerufen, doch auch das Gespräch verlief mit gleichem Ausgang.

Daraufhin ging die Wanderung weiter. Vor einem Restaurant trafen die Performerinnen auf eine kleine Gruppe von Gästen, die draußen an einem der Tische saß. Kurzerhand setzten sie sich dazu und begannen sich mit ihnen zu unterhalten. Unter der kleinen Gruppe befanden sich auch einige Schauspieler. Mit einem davon erdachten sich die beiden eine kleine Choreografie, die ihnen vielleicht zu mehr Geld für die erwünschten zehn Kugeln Eis verhelfen könnte.

Die Choreografie bestand darin, dass die beiden Performerinnen mit lauten „Hu!Ha!“-Ausrufen zunächst breitbeinig mit dem rechten und dann mit dem linken Bein auf dem Boden aufstampften, die eine der anderen einen Klaps auf den Po gab und beide, während sie sich mit der flachen Hand in Kreisbewegungen über den Bauch strichen, „That’s what god gave you!“ und daraufhin ein langgedehntes „Braunschweig!“ ausriefen.

Dann ging es erneut weiter. Vor dem nächsten Eiscafé führten die beiden Performerinnen nach Absprache mit der Geschäftsleitung – zehn Kugeln Eis für drei Minuten Performance – drei Minuten lang die spontan einstudierte Choreografie vor. Dafür erhielten sie die versprochenen zehn Kugeln Eis direkt auf die Handflächen.

Mit ihm ging es zurück zu dem Eiscafé, über dem sich das offene Fenster befunden hatte. Auf dem Weg dorthin fragten die beiden Performerinnen die ihnen Entgegenkommenden, ob sie an dem Eis lecken wollten und machten auch einen kurzen Abstecher durch eine Bar.

Vor dem Fenster angekommen klingelten die beiden Performerinnen an den Türen und wurden sogar hereingelassen. Durch einen kleinen Hof hindurch betraten sie den Flur des Mehrfamilienhauses und wurden sogar von den Wohnungsbesitzern hineingelassen. Das Eis wurde in einer Schüssel abgelegt und dann auf kleine Schalen verteilt, die den Gastgebern und Zuschauern angeboten wurden. Von den Zuschauern haben nur wenige die beiden Performerinnen in das Haus hinein begleitet, viele blieben unten vor dem offenen Fenster stehen. Nachdem die Performerinnen den Bewohnern des Hauses, welche ebenfalls künstlerisch tätig zu sein schienen, etwas über ihr Vorhaben und die Bewohner wiederum etwas über sich erzählt hatten, warfen die Performerinnen kleine Portionen Eis aus dem Fenster und versuchten die Münder der unten stehenden Zuschauer zu treffen.

Sobald die Schüssel mit Eis leer war, ging es dann wieder hinaus aus der Wohnung zu den Wartenden unten.

Zum Abschluss der Performance besuchten die beiden Performerinnen noch einmal alle abgelaufenen Stationen, blieben für einen Moment stehen und gingen dann weiter. Ihr Ende fand die Performance wieder im einRaum im Handelsweg.

Während der Performance wurden wir von zwei Kameramännern begleitet, die den gesamten Abend mit filmten. Besonders an der Vorstellung war, dass man als Zuschauer auch gleichzeitig Teil der Performance war und sogar oftmals von Umstehenden erwartend angeschaut wurde. Dadurch wurde eine kleine Spannung zwischen verbotenem Beobachter und gleichzeitig eingeladenem Zuschauer der erlebten Momente erzeugt.