Stefanie Schmidt // Surya Tüchler – KnochenGang

by admin on Juli 7, 2011

Der Keller ist dunkel. Die Decken sind hoch und die Wände gemauert aus alten Steinen. Alles ist verwinkelt und unübersichtlich. Irgendwo in diesem Keller findet eine Peformance statt.

Ich betrete einen der unzähligen Räume und sehe eine kleine Menschenansammlung. Dort muss es sein. Bei der Gruppe angekommen, stehe ich hinten und kann nichts sehen. Also bahne ich mir einen Weg durch die Menschen. Plötzlich kommt jemand auf mich zugelaufen mit einem Tierschädel vor dem Gesicht. Es ist eine Frau. Sie geht gebeugt. Sie kommt direkt auf mich zu und ich fühle mich unbehaglich, habe fast schon ein bisschen Angst. Sie kommt immer näher auf mich zu, also mache ich ihr Platz. Doch wo will sie hin? Ich stehe doch direkt vor einer Wand. Nun sehe ich, dass in der Wand eine kleine Einbuchtung ist, die aussieht wie ein Fenster. Allerdings reicht sie nicht durch die Wand hindurch. Ihr Gesicht hält die Frau nun in diese Einbuchtung und steht ganz nah an die Wand gedrückt. Nun fällt mir auf, dass die Künstlerin sehr schwer atmet, fast stöhnt sie. Langsam wird aus meiner Angst Mitleid. Sie torkelt durch den Raum und windet sich dabei mit dem Tierschädel. Steckt die Arme durch die Augenhöhlen des Schädels. Es sieht  so aus, als wäre sie mit dem Schädel verbunden. Trotzdem scheint er eine große Last zu sein. Kämpft sie mit ihm? Vielleicht bedroht er sie. Versucht sie zu fressen.

Surya Tüchler bewegt sich weiter. Immer noch ringt sie mit dem Schädel, doch ihre Bewegungen kommen mir jetzt fast ein bisschen tänzerisch vor. Beim Gehen reibt sie sich an den Wänden und ich kann mir den Schmerz vorstellen, den sie spüren muss. Hat der Schädel sie verletzt? Hat er sie besiegt? Tänzelnd und die Wände streifend wankt sie weiter durch die Räume. Finde ich dieses komische Wesen aus Frau und Tierschädel abstoßend oder soll ich Mitleid für die arme Frau empfinden, die sich so quält, weil ihr der Schädel etwas antun will?

In nächsten Raum steht ein Kunstwerk, welches ein tickendes Geräusch von sich gibt. Ich höre das Geräusch und betrachte die Performerin. Auf einmal bin ich angespannt. Das Ticken lässt alles noch bedrohlicher erscheinen.

In diesem Raum hält sie sich länger auf. Sie steht auf einem Steinvorsprung in der Wand und presst sich an diese. Sie atmet immer noch schwer. Sie quält sich weiter durch den Raum in einen weiteren. Dort ist eine ähnliche Einbuchtung in der Wand wie im ersten Raum. Allerdings ist diese weiter unten und größer. So groß, dass die Künstlerin hineinpasst. Dort windet sie sich weiter mit dem Schädel. Doch irgendwie wirkt alles nun nicht mehr so bedrohlich. Fühlt sie sich wohler in der Enge? Vielleicht geborgen? Oder fühle ich mich sicherer, weil sie nur noch begrenzten Raum hat und ich eine größere Distanz zu ihr habe? Ihre Bewegungen werden immer ruhiger, bis die Performance schließlich beendet ist. Fühle ich mich erleichtert?