Stefanie Schmidt // Katze und Krieg / Performance von Julia Dick und Katharina Sandner am 07.05.2011

by admin on Juli 6, 2011

Die Künstlerinnen sind mit Mikrofonen ausgestattet, welche den Ton an Kopfhörer übertragen, von denen jeder aus dem Publikum zuvor ein Paar bekommen hat. Die Zuschauer wurden darauf hingewiesen, dass die Lautstärke selbstständig reguliert werden kann und die Kopfhörer nach belieben abgenommen werden können. Die Kopfhörer haben eine Reichweite von ca. 50 Metern. Das Publikum darf den Künstlerinnen so nah kommen wie es möchte und auch so weiten Abstand nehmen wie es will.

Durch diese Begebenheiten ist es dazu gekommen, dass jeder Zuschauer eine individuelle Performance erlebt hat. Ich möchte meine Erfahrungen im Folgenden schildern.

Die Performance beginnt in der Galerie „EinRaum“ im Handelsweg. Dort stehen und sitzen die Zuschauer mit dem Blick zu einem großen Fenster. Von außen hängt, etwas oberhalb der Mitte, eine Lampe. Sie ist gelb und rund und ähnelt einer Sonne. Die Künstlerinnen beginnen ihre Performance, indem sie sich auffällig schminken. Anschließend geht eine von ihnen nach draußen, nimmt die Lampe in die Hände und bewegt sie langsam, einen Bogen beschreibend, nach unten. Die Sonne geht unter. Sie kommt wieder herein und fragt, ob wir nun losgehen wollen. Alle bewegen sich Richtung Ausgang und ein Rundgang durch die Stadt beginnt. Durch die Kopfhörer hört man die Künstlerinnen sprechen und auch andere Laute der Umgebung werden verstärkt. Ich habe den Eindruck ein Hörspiel zu hören.

Von nun an beginnen viele der Sätze der Performance-Künstlerinnen mit den Worten: „Wir könnten …“. Viele Dinge bleiben gerade am Anfang nur gesagt, andere tun sie einfach.

An einem Balkon auf dem ein Mann steht, bleiben die Beiden stehen und schauen den Mann eine Zeit lang an. Viele der Zuschauer schauen ebenfalls Richtung Mann. Dieser fühlt sich beobachtet und beginnt mit den Künstlerinnen zu sprechen. Julia und Katharina schlagen vor, auf den Balkon zu kommen und mit ihm das Lied „Ich schick dir ein Foto“ zu singen. Als seine Freundin bemerkt, dass der Mann mit ihnen redet, wird sie sauer und ruft ihn in die Wohnung. Nach einiger Zeit geht er rein.

Wir gehen weiter. An einem Restaurant stehen viele junge Leute vor der Tür. Die Künstlerinnen tun so, als ob sie Katzen wären und beginnen auf den Knien zwischen den Leuten hindurch zu kriechen.  Sie schmiegen sich an die Beine der Leute, lassen sich kraulen und sich von den Getränken geben. Während die eine einen Mann auf ihrem Rücken reiten lässt, möchte die andere einfach nur „durchgekrault“ werden. Hierfür legt sie sich mit dem Rücken auf den Boden. Anschließend fordern sie alle anderen auf, sich auch auf den Boden zu legen, um sich gegenseitig zu streicheln. Einige Personen der Gruppe und einige der Zuschauer legen sich zu den beiden und teilweise streicheln sie sich gegenseitig. Als die Beiden aber vorschlagen, sich gegenseitig wie Katzen abzulecken, stehen viele wieder auf.

Daraufhin begeben sich Katharina und Julia wieder auf die Knie und fangen an, den Leuten die Hosenbeine hochzuziehen und deren Beine abzulecken. Einzelne Personen der Gruppe lassen sich dazu überreden den Künstlerinnen die Hände und Arme abzulecken. Nach einiger Zeit steht eine von ihnen auf und fängt an, einen Mann am Hals und im Gesicht zu lecken. Als sie fertig ist, erklärt sie dem Mann, dass er jetzt an der Reihe sei und er beginnt, das Gleiche bei ihr zu tun.

Die Künstlerinnen fordern die Gruppe vor dem Restaurant auf, mit hinein zu kommen und auf der Toilette ein Gruppenküssen zu veranstalten. Als sie rein gehen folgen ihnen ein paar Personen aus dem Publikum, einige bleiben auch draußen. Sie gehen in eine Kabine der Damentoilette mit ihnen gehen drei Zuschauer und ein Mann aus der Gruppe. Von nun an kann ich die Geschehnisse in der Kabine nur noch über die Kopfhörer verfolgen. Eine der Künstlerinnen erklärt den anderen in der Kabine, was nun passieren wird: Sie werden alle die Augen schließen und ihre Köpfe in die Mitte bewegen bis sich ihre Nasen berühren. Dann werden sie ihre Zungen herausstrecken um ein „Gruppenküssen“ zu veranstalten.

Anschließend hört man kurze Zeit keine Stimmen mehr.

Nach kurzer Zeit kommt der Mann aus der Gruppe aus der Kabine. Ihm begegnet ein anderer Mann, diesem rät er, einmal auf die Damentoilette zu gehen. Er geht zu der Kabine, öffnet die Tür und fragt, was diese dort drinnen tun. Sie antworten: „Gruppenküssen“. Der Mann versteht aber „Gruppenpissen“. Die Künstlerinnen halten das für eine gute Idee. Kurz darauf kommen die drei Zuschauer aus der Kabine. Der Mann aus der Gruppe, Julia und Katharina urinieren gemeinsam, nachdem sie ihre Hosen ausgezogen haben und die anderen drei aufgefordert haben aus der Nebenkabine zuzuschauen.

Anschließend gehen wir alle gemeinsam weiter. Julia und Katharina tragen ihre Hosen und Unterhosen in der Hand. Wir kommen an eine Kneipe und die Künstlerinnen versuchen ihre Unterhosen gegen die von jemand anderem zu tauschen. Als ihnen dieses nicht gelingt, versuchen sie sie gegen irgendetwas anderes zu tauschen. Sie gehen in die Kneipe. Ich und auch die meisten anderen Zuschauer bleiben draußen. Die folgenden Geschehnisse verfolge ich über die Kopfhörer. Die Künstlerinnen wollen ihre Unterhosen gegen die Schokolade des Wirts tauschen, als dieser ablehnt, lassen sie sich von einem Gast die Schokolade kaufen. Sie beschließen, dass sie ein Schokoladenfondue machen wollen. Der Wirt möchte ihnen aber keine Kerze zum Erhitzen der Schokolade geben. Also gehen wir weiter.

Nachdem die beiden in einem Restaurant auch keine Hilfe gefunden haben, sehen sie in einem Geschäft, wie das Licht ausgeht. Drinnen befindet sich eine Frau. Sie versuchen ihr zu verdeutlichen, dass sie die Tür noch einmal öffnen soll. Als sie dieses nicht tut, fangen Katharina und Julia an, pantomimisch Schokolade und Feuer darzustellen. Die Frau sieht ihnen eine Zeit lang zu, dann geht sie nach hinten in den Laden. Wir folgen der Frau indem wir um das Haus herum auf die Hinterseite gehen. Man hört eine Autotür schlagen und die Frau fährt in einem Auto an uns vorbei.

Nun beschließen die Künstlerinnen in den anliegenden Wohnhäusern zu fragen, ob ihnen jemand die Schokolade für ihr Schokoladenfondue schmilzt. An einem Haus ist unten die Haustür geöffnet. Also gehen sie hinein und klingeln an den Wohnungstüren. Einige Zuschauer folgen den beiden in das Haus. Eine Zuschauerin versteckt sich hinter einer Hausecke. Ich bleibe draußen und verfolge die Gespräche wieder allein über die Kopfhörer.

Den Künstlerinnen öffnet eine Frau die Tür und macht den beiden deutlich, dass sie das Haus sofort wieder verlassen sollen. Sie scheucht alle aus dem Haus und schließt die untere Haustür zu. Anschließend kann man sie am Fenster stehen sehen, wie sie uns beobachtet.

Da Julia und Katharina keinen Erfolg hatten, gehen sie zum nächsten Haus, bei dem die Haustür geöffnet ist. Sie beginnen erneut an den Wohnungstüren zu klopfen und zu klingeln. Dieses Mal wagt fast niemand mit in das Haus zu gehen. Auch ich bleibe draußen.

Über die Kopfhörer kann man hören, dass den beiden ein Mann öffnet, welcher bereit ist, ihnen die Schokolade zu schmelzen und sie herein bittet. Nun gehen viele der Zuschauer in das Haus, um die Wohnung des Mannes zu finden. Einige bleiben auch vor der Tür stehen. Ich gehe mit hinein. Als wir die Wohnung des Mannes gefunden haben, gehen wir alle hinein. Die meisten Zuschauer stehen gemeinsam mit den Künstlerinnen in der Küche, einige auch im Flur und warten darauf, dass die Schokolade in der Mikrowelle schmilzt. Der Bewohner steht ebenfalls mit in der Küche.

Nachdem die Schokolade geschmolzen ist, setzen sich die meisten der Zuschauer, Julia und Katharina auf den Küchenfußboden. Sie essen die Schokolade mit den Fingern aus der Schüssel. Teilweise lecken sich die Künstlerinnen und einige der Zuschauer die Schokolade auch gegenseitig von den Fingern. Der Mann steht weiterhin in der Küche, isst aber nicht mit. Als die Schokolade fast aufgegessen ist, schmieren sich die Künstlerinnen ihre Lippen mit Schokolade ein, geben dem Mann einen Kuss auf die Wange und bedanken sich für seine Gastfreundschaft. Anschließend gehen wir wieder hinaus.

Auf dem Rückweg gehen wir noch einmal an allen Stationen des Abends vorbei und Julia und Katharina bleiben für eine Weile stehen und schauen in die Fenster. Zuerst bei der Frau in der Wohnung, dann beim Restaurant. Sie schauen durch das Fenster der Kneipe, in das Restaurant vor welchem die Gruppe junger Menschen stand und schließlich noch zum Balkon hinauf.

Als wir zurück in der Galerie sind, schminken sich Julia und Katharina ab und die Performance ist beendet.